Visuelle Pein

Visuelle Pein

Über Kunst und Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Dieses schäbige Gekritzel allerdings wirkt wohl auf jeden Sehnerv extrem toxisch. Es gibt nur einen Ausweg, die sensiblen Pupillen vor einem solch schmerzhaften Anblick noch zu schützen: man hält sich beide Augen zu – so wie dieser Junge in der Kreuzberger Naunynstraße.

Dreh im Kreis

Zum Auskreisen

Eine runde Sache waren die Aufnahmen, die dieses kleine Kamerateam vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in den Kasten brachte. Im Zentrum des Geschehens war dabei die direkt am Spreeufer sitzende Moderatorin, die für alle Sequenzen dank eines natürlich kreisrunden Reflektors ins rechte Licht gerückt wurde.

Meene Kleene

Meene Kleene

Sehnsüchtig schmachtend scheint der kleine Piaggio der niedlichen Signorina hinterherzuschauen. Mir war auch so, als hätte ich jemanden pfeifen gehört. Wenn das mal nur nicht die Mama am Herd des Italo-Restaurants im Hintergrund mitkriegt! Gesehen am Kudamm Ecke Uhlandstraße.

Installation

Installation

Kalkuliertes Risiko, Gottvertrauen, Leichtsinn oder Kunst? Vielleicht eine Mischung aus all dem? Gesehen im Treppenhaus eines bewohnten (!) Hauses im Gleimkiez.

Taschenspicker

Taschenspicker

Mit einem verstohlenen Blick kontrolliert der marmorne Lockenkopf offenbar den Westentascheninhalt des steinernen Abbildes von Johann Joachim Winkelmann. Die Szenerie ist in der Friedrichswerderschen Kirche zu bewundern, wo die Mitte des 19. Jahrhunderts vom Berliner Bildhauer Ludwig Wilhelm Wichmann (1788-1859) geschaffene Statue neben vielen anderen Skulpturen ihr Zuhause gefunden hat.

Abhängen verboten!

Abhängen verboten!

Selbst am Tag der Arbeit scheint hier das Faulenzen strikt untersagt zu sein. Dabei handelt es sich bei dieser baumelnden Schlafstatt gar nicht um die berüchtigte soziale Hängematte. Heute gesehen in der Oranienstraße im Kotti-Kiez.

Verblichener Glamour

Verblichener Glamour

Für wen er wohl ausgelegt wurde? Wahrscheinlich erinnert sich dieser einst purpurne Teppich selbst nicht mehr daran. Heute wird der vergammelte Läufer vor dem leerstehenden Speicherbau kaum noch eines Blickes gewürdigt. Im Gegenteil: eilige Passanten auf dem Weg zur nahegelegenen U-Bahnstation Gleisdreieck treten ihn auch noch mit den Füßen.

Hort des journalistischen Abschaums?

Hort des journalistischen Abschaums?

„Das ist der Richter, der den Prügler frei ließ!“ prangt in riesigen Lettern auf der gestrigen Ausgabe der BZ. Dazu ein wahrscheinlich hinterhältig mit versteckter Kamera aufgenommenes Foto des Mannes, der mit dem Fall der brutalen U-Bahn-Schläger betraut war. Natürlich finde ich es auch nicht gut, dass dieser junge Fastmörder (zunächst) wieder auf freiem Fuß ist. Aber was gibt diesen BZ-Journalisten das Recht, einen Richter auf diese infame Weise an den Pranger zu stellen, die persönliche Integrität eines Menschen zu beschädigen, der sich an Recht und Gesetz gehalten hat? Vielleicht, weil er den Reportern dieses Springerproduktes – völlig legitim übrigens – keine schlagzeilenträchtigen Auskünfte zu dem laufenden Verfahren geben wollte? Oder gibt es noch andere Gründe?

Vor ein paar Tagen habe ich in der Gedenkstätte Sachsenhausen Artikel aus dem Völkischen Beobachter und anderen braunen Zeitungen gelesen, in denen einzelne Personen – vor allem politische Gegner, Juden sowie mutige Richter und Beamte – auf das Übelste diffamiert werden. Ist solche Art der Hetze möglicherweise Vorbild für die Macher der BZ? Vielleicht insbesondere dann, wenn sich solche öffentlichen – in meinen Augen skrupellose – Menschenjagden auch noch gut verkaufen lassen? Ein solcher Eindruck drängt sich mir hier förmlich auf. Mit journalistischem Anstand und Berufsethos hat eine solche Art der Berichterstattung – zumal ohne jegliche inhaltliche Qualität – für mich jedenfalls rein gar nicht zu tun. Wer seine Beiträge unter solchen Prämissen verfasst und publiziert, darf sich nicht wundern, wenn er nicht als Journalist respektiert sondern als schmieriger Schreiberling verachtet wird. Vielleicht ist das ja auch ein Grund, warum der Fotograf, der das Foto des Richters aufgenommen hat, nicht mit seinem Namen erwähnt wird bzw. werden will – ganz im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten in dieser geltungssüchtigen Branche. Oder ist es nicht (nur) Feigheit, sondern (auch) die Angst vor rechtlichen Konsequenzen für die mit Sicherheit nicht autorisierte Aufnahme?

Femme fatale

Femme fatale

Höchst verhängnisvoll wäre eine solche Begegnung mit der Dreizack schwingenden Frau sicherlich für geschuppte Schwimmfreunde geworden – zumal bereits mehrere Fischkadaver die Treffsicherheit der Amazone nachdrücklich bezeugen. Als Zweibeiner kann man sich aber wirklich gefahrlos an der makellosen Schönheit der Fischerin ergötzen. Die von Emil Wolff (1802-1879) geschaffene Skulptur ist in der zum Schinkelmuseum umfunktionierten Friedrichswerderschen Kirche zu bewundern.

PET – Shop – Boys

Pet - Shop - Boys

Das Geschäft mit recyclebaren Rohstoffen boomt. Auch ein riesiger Sack mit leeren PET-Flaschen ist da bares Geld wert. Da die Pfandkurse für die Plastikbuddeln allerdings kaum kurzfristigen Preisschwankungen unterliegen, glaube ich nicht, dass die Jungs gerade mit ihrem Broker telefonieren. Eher debattieren sie darüber, wie sie die Erlöse für ihre Pullen reinvestieren. Denn Cash winkt: der Supermarkt an der Ecke ist nah und gut.

Sehnsucht

So unsagbar nah, so unerreichbar fern! Momente, in denen das Verlangen fast körperlich schmerzt. Augenblicke, in denen die Sehnsucht nach Erfüllung dürstet. Aber es sind noch ein paar Stunden zu malochen! Erst dann ist Zeit für das so lang ersehnte Rendezvous mit dieser großen blonden Versuchung. Das wohlverdiente und gut gekühlte Feierabend-Bier muss allerdings wirklich kein Schultheiss sein. Fotografiert gestern in Prenzlauer Berg.

Flying Cats

Fliegende Katze(n)

Da wo in den nächsten Jahren ein kompletter neuer Stadtteil namens Eurocity aus dem Boden gestampft werden soll, tollt heute noch zwischen Schutt und urbaner Spontanvegetation eine Horde halbwilder Stubentiger und ungezähmter Streuner auf samtigen Pfoten umher. Tag für Tag – meist nach Sonnenuntergang – treffen sich die mehr oder weniger melodisch miaunden Mietzen in einem riesigen schwarzen Wigwam. Dort erzählt dann Kater Munkustrap die Geschichte von Grizabella, Electra und Co. „Cats“, die gefühlte Mutter aller Musicals, gastiert derzeit in einem überdimensionalen Zirkuszelt auf einer Brache in Moabit. Die leuchtenden Katzenaugen auf dem Fesselballon sollen Zweibeiner ins Katzenmärchen locken.

Sicherer Stellplatz

Absolut diebstahlsicher!

Zaun, Graben, Schloss – der Eigentümer dieses Drahtesels scheute offenbar keine Mühen, um mit möglichst vielen Barrieren potentiellen Velodieben gleich jegliche Lust aufs Stehlen zu nehmen. Ob er damit Erfolg hatte? Gesehen vor der Westseite des Brandenburger Tores.

Die Nachzüglerin

Spätling

Das letzte Foto meiner kleinen Halbmarathon-Trilogie ist jener tapferen Sportlerin ganz am Ende des riesigen Läuferlindwurms gewidmet, der sich am Sonntag durch Berlin kämpfte. Die Konkurrenten bereits außer Sichtweise und schon fast ohne anfeuernde Zuschauer, lief die Nachzüglerin ein einsames Rennen – dabei stets getrieben von den Reinigungsfahrzeugen der BSR, deren Vorhut bereits am äußersten linken Bildrand auftaucht.

Untergrund-Literatur

Im legendären Grips-Musical präferierten die berüchtigten Wilmersdorfer Witwen und ihre Mitfahrer in der „Linie 1“ das Springer-Revolver-Blatt „BZ“ als U-Bahn-Lektüre. Wer im echten Leben nicht gerade auf seinem Smartphone rumhämmert verkürzt sich die Fahrzeit in den orangegelben Zügen mittlerweile oft lieber mit dem Lesen ganzer Bücher – wie dieser Fahrgast hier. Gesehen im U-Bahnhof „Hausvogteiplatz“ (Berlin-Mitte).