1973

Abendliches Straßenbild mit Gaslaterne aus dem Wedding
Abendliches Straßenbild mit Gaslaterne aus dem Wedding
Der Lenz ist da: Drahteselpulk und Baumblüte in der Norweger Straße in Prenzlauer Berg.
Zweiradkarawanen während der morgendlichen „rush hour“ in der Linienstraße in Mitte.
Nach dem Wurmomat endlich mal wieder eine kundenorientierte Verkaufsmaschine. Jetzt stehen einem prallen Fahrvergnügen an radfreundlichen Sonn- und Feiertagen auch keine spaßbremsenden Ladenöffnungszeitlimits mehr entgegen. Gesehen habe ich den sommergelben Schlauchomaten vor einem Fahrradgeschäft in der Pichelsdorfer Straße in Spandau.
Die erschreckende Gleichgültigkeit der Großstadt: der Tod kam hier auf Raten – und keiner der täglich tausend Passanten nahm Notiz davon. Mittlerweile aller essentieller Weichteile beraubt, darbte dieser Fahrrad-Torso wochenlang in der Passauer Straße gegenüber dem KaDeWe vor sich hin. Wahrscheinlich bleibt er hier auf ewig angekettet liegen, bis er in ferner Zukunft zu Staub zerfällt.
Im zweiten Hinterhof eines unscheinbaren Mietshaus-Ensembles im Gleimkiez (Prenzlauer Berg) bin ich plötzlich auf diese Ansammlung von Velos jedweder Couleur gestoßen. Von ihren Besitzern fehlt jede Spur! Hinter welcher Tür oder welchem Fenster die wohl was treiben?
„Ich habe Ruhe gesucht, überall und habe sie am Ende gefunden in einem engen Winkel bei einem kleinen Buche“. – Die Worte Franz von Sales scheint dieser Velotaxi-Fahrer verinnerlicht zu haben. Unbeeindruckt vom Trubel um ihn herum genießt er sichtlich seine kurze literatrische Pause zwischen zwei Touri-Fuhren durch die Berliner Mitte.
Vor noch gar nicht so langer Zeit war so eine Vorfeld-Tour mir dem Velo übers Tempelhofer Grün ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindes ohne Propeller oder Turbine ging da gar nichts. Heute reichen ein paar kräftige Tritte in die Pedale, um Roll- und Startbahnen entlang zu brausen. Eine Erlaubnis vom Tower braucht es dazu nicht mehr.
Der Postbote hält an, klopft an die Tür. Die Tür geht auf. Der Postbote nickt kurz. Ein Arm wird aus der Türöffnung gestreckt. Der Postbote deponiert in der geöffneten Hand die Post, wieder nickt er kurz. Die Tür geht zu. Der Postbote fährt weiter. Besser und persönlicher geht Post nicht. Gesehen unter der Brücke am S-Bahnhof Babelsberg.
Wie wild gewordene Planeten hetzen üblicherweise Automobile jeder Form und Couleur rücksichtlos rund um den Großen Stern in der Mitte des Tiergartens. Heute demonstrierten Zweiräder, dass man die Goldelse auch ganz entspannt umrunden kann. Aus allen Himmelsrichtungen kommend trafen zehntausende Radler an der Siegessäule ein. Ziel der Sternfahrt war das nur noch wenige Meter entfernte Umweltfestival. Trotz hoher Verkehrsdichte und heißem Ashphalt war von Hektik und Chaos keine Spur.
Per Velo durch Afrika: wohl kaum eine andere Fortbewegungsart ermöglicht es dem Reisenden, den geheimnisvollen schwarzen Kontinent so eindringlich, so hautnah zu erleben. Die exotische Tier- und Pflanzenwelt oder die intensiven Farben der Savanne: einen Hauch von Afrika können abenteuerlustige Biker auch in Berlin spüren. Zumindest für ein paar kurze Augenblicke, wenn man durch die Charlottenburger Mollwitzstraße strampelt. Die bunte Wandmalerei entstand übrigens im Jahr 2008 im Rahmen eines Schulprojektes.