Frühlingsboten
Krokus und Enzian vor dem Babelsberger Kaiserschloss
Krokus und Enzian vor dem Babelsberger Kaiserschloss
Eine hauchdünne Schicht Schnee überzieht die Relikte der alten Jute- und Baumwollspinnerei in Potsdam. Der burgartige Klinkerkoloss kontrastiert mit den filigranen, ebenfalls weiß „gepuderten“ Ästen und Zweigen der knorrigen Eiche. (Mehr zu dem Geschichte und Zukunft des Gebäudes gibt es hier zu lesen.
)
Es ist nicht zu fassen, der November kann sogar strahlen! Ein Sonnentag zwischen Neuem Palais und Charlottenhof in der Ohne-Sorgen-Gartenanlage in Potsdam.
Unverkennbar, wo sich Preußenchef Friedrich Wilhelm IV hier hat anregen lassen: Bella Italia. Die gewonnen Eindrücke inspirierten ihn zu den Federstrichen, mit denen er den Entwurf für sein Lusthaus mit Aussichtstürmen zeichnete. Ausführen durften den Bau auf dem Potsdamer Pfingstberg dann die Baumeister Ludwig Persius, Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse. Warum italienische Architektur dann allerdings mit einem französischen Namen – Belvedere – versehen werden muss, bleibt das Geheimnis der preußischen Blaublütigen.
Potsdams „Terrassencafé Minsk“ war besonders beliebt wegen des herrlichen Panoramablicks, den man von dort über die „heimliche Hauptstadt“ samt Havel werfen konnte. Die Aussicht von den am Nordhang des Brauhausberg gelegenen einstigen „HO-Betrieb“ ist zwar noch immer gut, die Perspektiven für das 1977 im Stile der „Sozialistischen Moderne“ sind jedoch schlecht.
Schon jetzt ist das Gebäude in einem bemitleidenswerten Zustand. Das liegt nach meinem Empfinden zum einen an der Konzeptlosigkeit und Engstirnigkeit der Potsdamer Stadtplaner. Die scheinen friderzianische Bauten besonders zu lieben und lassen solche „malerischen“ Bauten – falls nicht mehrvorhanden- zur Not auch einfach wieder neu aus dem Boden zu stampfen. „Aktiver Denkmalschutz“ könnte man sagen, wenn nicht gleichzeitig architektonisch mindestens ebenso so interessante aber nicht in das Weltbild des gemeinen Spießbürgers passende Bauwerke wie das „Minsk“ links liegen gelassen würden. Dann ist da zum anderen noch der dumpfe Vandalismus, den das geistige und moralische Prekariat der hiesigen Eingeborenen gerne an leerstehenden Häusern auslebt. So bleibt die Zukunft für das „Minsk“ bleibt trotz einiger interessanten Visionen höchst ungewiss.
Ich hoffe, dass dieses Stillleben vom im Fallen erstarrten Wasser die letzte Aufnahme ist, die etwas mit diesem sämtliche Frühlingsgefühle abtötenden Winter zu tun hat. Die Dachrinne mit dem gefrorenen Miniatur-Katarakt habe ich heute in Potsdam in einem Hinterhof am Brauhausberg entdeckt.
So lautet der Titel von Fritz Eisels 18teiligem Mosaik, das sich wie ein Band um drei Seiten des einstigen DVZ (Datenverarbeitungszentrum) an der Breiten Straße in Potsdam zieht. Gemeint sein kann allerdings nur die Eroberung des sozialistischen Teils des Universums, denn auf den Segmenten finden sich nur Szenen aus der Frühzeit der sowjetischen Raumfahrt. So sind z.B. Juri Gagarin (1961 der erste Mensch im All) und Alexsei Leonow (wagte 1965 den ersten Weltraumspaziergang) abgebildet.
Das Kunstwerk ist eines der wenigen Überlebenden des sozialistischen Realismus, die sich in Potsdam noch finden lässt. Sozialistischer Realismus – der Begriff ist ja irgendwie schon ein Widerspruch in sich. Aber auch Eisels Überschrift über seinem monumentalen Comic erscheint heute angesichts des maroden Plattenbaus noch eine Milchstraßenlänge realitätsferner als schon zu Erichs Zeiten.
Trotzdem kann nur hoffen, dass das Mosaik irgendwie erhalten bleibt. Schließlich steht es für eine Epoche der (ost-)deutschen Kunstgeschichte, aus der schon viel zu viele Werke rückstandslos getilgt worden sind.
Sie waren sein erster Bau in eigener Verantwortung – und gleichzeitig sein Meisterstück und beruflicher Durchbruch: die Hiller-Brandtschen Häuser an der Breiten Straße in Potsdam, entworfen und errichtet von Georg Christian Unger. Das seit langem unter Denkmalschutz stehende erste Bürgerpalais Potsdams wirkt heute noch genauso spektakulär wie 1769, dem Jahr seiner Fertigstellung. Das Foto gelang mir in einem „lichten“ Augenblick am vergangenen Wochenende.
Lesetipp zur Geschichte der Hiller-Brandtschen Häuser: Ungers großer Wurf
Wie ein Rudel Wölfe hat die Kranenmeute ihr Opfer umzingelt. Haben sie es auf die grünlich schimmernde Kuppel abgesehen? Eisernen Tentakeln gleich scheint Ausleger um Ausleger nach der gewölbten Kirchenkrone zu greifen. Doch die Potsdamer St. Nikolai-Kirche hat nichts zu befürchten. Die einbeinigen Gewichtheber im Eiffel-Kostüm interessieren sich nicht für den einst von Schinkel entworfenen Sakralbau. Vielmehr sind sie vollauf damit beschäftigt, dabei zu helfen, dass der brandenburgische Landtag sich bald im feudalen Schlossgewand zeigen kann.
Die scheinbare Belagerung habe ich heute früh im sommerlichen Nieselregen von der Breiten Straße aus abgelichtet.
Der Postbote hält an, klopft an die Tür. Die Tür geht auf. Der Postbote nickt kurz. Ein Arm wird aus der Türöffnung gestreckt. Der Postbote deponiert in der geöffneten Hand die Post, wieder nickt er kurz. Die Tür geht zu. Der Postbote fährt weiter. Besser und persönlicher geht Post nicht. Gesehen unter der Brücke am S-Bahnhof Babelsberg.